Diana arbeitet seit 24 Jahren in einer Arztpraxis als Helferin. Sie ist in jeder Hinsicht die gute, gemütliche Seele, »die den Laden zusammenhält«. Überstunden zugunsten der Patienten sind für sie überhaupt kein Problem. Sie würde sich jederzeit mit ihren Bedürfnissen hinten anstellen. Sie kompensiert ihren Einsatz für andere, indem sie sich mit Süßigkeiten vollstopft. »Ich erlebe mich dabei immer noch als Sportlerin wie früher. Dabei habe ich heute das Doppelte meines Idealgewichts. Mein Mann liebt mich trotz meines Übergewichts. Aber ich habe immer weniger den Eindruck, mir selbst zu entsprechen.«
Diana ist inzwischen Anfang 50. Auch im Seminar erleben wir, dass sie sich ständig um andere Menschen kümmert. Sobald jemand niest, greift sie in ihre Tasche und holt ein Papiertaschentuch heraus. Obwohl sie nur 1,60 Meter groß ist und 90 Kilogramm wiegt, bewegt sie sich mit einer Geschwindigkeit, die ihr niemand zutraut. Gerade noch am anderen Ende des Raums, ist sie plötzlich am Getränketisch, wo jemand eine Tasse Kaffee hat fallen lassen.
Diana ist eine »Kümmerin«. Wann immer jemand Schwächen zeigt, ist auf sie Verlass. Sie strahlt Liebe und Vertrauen aus. Und sie ist eine zutiefst wertschätzende Person, die sich trotzdem hinter ihrer unglaublichen Fettmasse versteckt. Dass sie gerade als Arzthelferin so nachlässig mit ihrer Gesundheit umgeht, passt nicht in dieses Bild.
Diana ist energisch, wenn es um die Fürsorge anderer Menschen geht. Für ihre eigene Entwicklung hat sie schon seit Jahren nichts mehr getan. »Einer meiner wichtigsten Werte ist Ehrlichkeit«, sagt sie. »Ich bin ehrlich gegenüber meinen Patienten und Angehörigen. Nur mir selbst gegenüber bin ich es nicht. Ich habe mich von meinen Geschwistern abgewendet, weil sie mir ständig den Spiegel vorhalten und ich nicht hineinschauen mag. Ich beginne sogar mich zu hassen, weil ich dazu beitrage, dass es den Menschen gut geht. Ich selbst komme auf der Liste derjenigen, um die ich mich kümmern sollte, überhaupt nicht vor!«
Diana hat einen ziemlich starkes Problem mit sich selbst und ihrer Identität. Im Seminar lassen wir die Teilnehmer eine Visitenkarte schreiben, in der all ihre Werte in möglichst einem oder zwei Sätzen vorkommen. Diana ist danach sehr bewegt. Die Visitenkarte von Diana:
»Ich bin ein Teil der Menschen, denen ich aus tiefstem Herzen Wertschätzung und Anerkennung entgegenbringe, deren Entwicklung und Gesundheit ich liebevoll und tolerant unterstütze. Ich gehe mit mir selbst genauso fair und offen um wie mit meinen Mitmenschen. Deren Würde ist mir genau so wichtig und unantastbar wie meine eigene. Ich liebe mich selbst ab sofort wieder genau so wie ich die Menschen liebe.«
Diana hat inzwischen wieder angefangen, Sport zu treiben. Sie hat ihren Ernährungsplan umgestellt und tut sich täglich etwas Gutes. Den Grund für ihren Appetit auf Süßigkeiten hat sie in einer Coaching-Sitzung herausgefunden. »Ich brauche das nicht mehr«, sagt sie. »Es gab eine Zeit, als Süßigkeiten eine gute Lösung für ein Problem waren. Heute habe ich dafür andere Möglichkeiten. Ich habe gelernt, was ich mir selbst wert bin.«
Ein Beitrag von www.wertemanager.de.
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